Nov 28, 2012

Der Wert journalistischer Arbeit

Warum  sollten Journalisten in die Gewerkschaft?
Ein Interview mit Klaus Schrage

Gewerkschaften haben sich in unserer Gesellschaft und Marktwirtschaft aus guten Gründen etabliert. Im Metall- und Maschinenbau sind diese zum Beispiel kaum wegzudenken, sorgen Sie in den Tarifverhandlungen doch für stabile Gehälter und faire Arbeitsbedingungen.
Ob Industriegewerkschaft Metall oder Deutsche Journalistenunion in ver.di: Bei den Metallern und Journalisten ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad besonders hoch. Jungjournalisten und Berufsanfänger wissen aber oft nur wenig darüber, was eine Journalistengewerkschaft bietet.

Wir haben Klaus Schrage, Journalist und seit 2002 Sprecher der Journalistengewerkschaft dju Mittelfranken, zu seiner Arbeit und den Möglichkeiten seiner Gewerkschaft befragt.
>> Nur gemeinsam und organisiert erreicht man Mehr <<

Herr Schrage, wie sind Sie zur DJU gekommen?


Ich war bereits acht Jahre im Beruf und habe dort mitbekommen, dass die Gewerkschaft Dinge wie Gehälter oder Urlaub aushandelt. Da habe ich mir irgendwann gesagt, dass es nicht in Ordnung ist gewerkschaftliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, aber den eigenen Beitrag zu verweigern und bin eingetreten. Auch weil die Gewerkschaft eine Solidargemeinschaft von Menschen ist, die durch gemeinsames Handeln etwas erreichen können.


Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus und wie viel Zeit müssen Sie investieren?

Als ehrenamtlicher Sprecher pflege ich Internetseiten, versende Nachrichten über Facebook und Twitter und organisiere Veranstaltungen wie auch Seminare. Dafür investiere ich im Schnitt zwei bis drei Stunden pro Woche. Es gibt allerdings auch besondere Einsätze. Kommenden Samstag ist Journalistentag in Berlin, bei dem ich als Festredner auftreten darf, was Vorbereitung und eine lange Fahrt bedeutet. Somit muss ich teilweise auch deutlich mehrZeit aufwenden.


Was war bisher das Spannendste bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit?

Das Aufregendste war vergangenes Jahr der Streik der Journalisten und Drucker. Die ganze Organisation in Nürnberg lag bei mir und es war spannend Kundgebungen zu organisieren, eine Rede vor der Lorenzkirche zu halten oder auch die Kollegen dazu zu bringen sich mit Transparenten vor das Tor zu stellen. Es war eine außergewöhnlich anstrengende, aber auch eine schöne Erfahrung.
Wir hatten zum Beispiel eine Kundgebung, als schon fast alles entschieden war. Da hab ich gelesen, dass die Kantine im Pressehaus Nürnberg an diesem Tag Currywurst mit Pommes im Angebot hatte und mir war klar, dass die Kollegen deshalb nicht kommen würden. Daraufhin habe ich aus dem Streikfond 60 Portionen Currywurst gekauft. Was die Kollegen am Ende nicht gegessen haben, haben wir den Armen dieser Stadt geschenkt.

Was macht die DJU für uns Journalisten?

Das Wesentliche sind Tarifverhandlungen, bei denen es nicht nur um den Lohn, sondern auch um bezahlte Urlaubstage, Weihnachtsgeld, Arbeitsbedingungen allgemein geht und wie zum Beispiel ein Volontariat verlaufen soll. Wichtig ist der Austausch untereinander, wozu auch unsere Bildungsarbeit und die Information über aktuelle Entwicklungen gehören. Die grundsätzliche Aussage über das Wesen der Gewerkschaftsarbeit stammt noch von Karl Marx: Festlegen von Mindeststandards, was der Wert einer Arbeit ist und was ein Arbeitnehmer für eine bestimmte Arbeit verlangen kann.


Was würden sie uns als Erstsemester für Tipps geben?

Was immer dazu gehört, ist Marktbeobachtung. Im Journalismus ist es wichtig sich Gedanken zu machen, wo es potentielle Arbeitgeber gibt, welches Wissen und welches Können eigentlich gebraucht wird und auch zu versuchen in Firmen reinzuschnuppern. Die Medienbranche ist eine Beziehungsbranche. Das bedeutet: Wenn man von jemandem gekannt wird, kann der einem auch helfen. Über das Internet kann man heutzutage sehr gut solche Netzwerke aufbauen oder über einen Blog Menschen ansprechen.


Boulevardjournalismus: Ist das für Sie überhaupt Journalismus?

Klaus Schrage, Journalist
und Sprecher der dju Mittelfranken
Es gibt ein bestimmtes Publikum, das nicht ein bis zwei Stunden bestimmte Informationen lesen will, sondern eher in 20 Minuten nur das, was es interessiert. An diese Leser richtet sich der Boulevardjournalismus. Wenn er gut gemacht ist und auch die ethischen Grundlagen befolgt, ist das in Ordnung.



Wie stellen Sie sich die Zukunft der DJU vor und was wünschen Sie sich?

Man kann sich nur wünschen, dass sie weiter wächst. Wir werden nicht staatlich subventioniert, sondern finanzieren uns ausschließlich aus den Mitgliedsbeiträgen. Wir haben einen Apparat aus Festangestellten, Juristen und einer Pressestelle. Dies alles kostet Geld, das nur von den Mitgliedern kommen kann. Das heißt, die Lage ist sehr eng und wenn es die Gewerkschaften nicht mehr gibt, ist jeder auf sich gestellt.


Herr Schrage, wir danken Ihnen für das Interview

Gar kein Problem!

Das Interview führten Tobias Freund und Sebastian Kamper
 

Die Deutsche Journalistinnen und Journalisten-Union in ver.di

"Wir dürfen das Pressesterben nicht einfach hinnehmen“, das ist das Motto der deutschen Journalistinnen und Journalisten Union, der Journalistenorganisation innerhalb der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, kurz ver.di.

Ver.di ist eine der größten Gewerkschaften Deutschlands, die sich für gerechte Arbeit einsetzt. Sie kämpft gegen prekäre Arbeitsverhältnisse mit schlechter Bezahlung, fehlender sozialer Absicherung und schikanöser Behandlung. Jeder kann sich beteiligen.

Die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (DJU) ist eine von vielen Bereichen der Gewerkschaft. Sie hilft bei der Förderung und Vertretung beruflicher, sozialer, wirtschaftlicher, kultureller und rechtlicher Interessen. Weitere Bereiche sind unter anderem die Entwicklung der Medienpolitik, der Inhalt von Tarifverträgen, Honorarempfehlungen und gemeinsame Vergütungsregeln.

Unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einer der Fachgruppen in ver.di können journalistisch tätige Mitglieder auf allen Ebenen der DJU-Berufsgruppen mitarbeiten und Mandate besetzen
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