Ein Interview mit Klaus Schrage
Gewerkschaften haben sich in unserer Gesellschaft und Marktwirtschaft aus guten Gründen etabliert. Im Metall- und Maschinenbau sind diese zum Beispiel kaum wegzudenken, sorgen Sie in den Tarifverhandlungen doch für stabile Gehälter und faire Arbeitsbedingungen.
Ob Industriegewerkschaft Metall oder Deutsche Journalistenunion in ver.di: Bei den Metallern und Journalisten ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad besonders hoch. Jungjournalisten und Berufsanfänger wissen aber oft nur wenig darüber, was eine Journalistengewerkschaft bietet.
Wir haben Klaus Schrage, Journalist und seit 2002 Sprecher der Journalistengewerkschaft dju Mittelfranken, zu seiner Arbeit und den Möglichkeiten seiner Gewerkschaft befragt.
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>> Nur gemeinsam und organisiert erreicht man Mehr << |
Ich
war bereits acht Jahre im Beruf und habe dort mitbekommen, dass die
Gewerkschaft Dinge wie Gehälter oder Urlaub aushandelt. Da habe ich
mir irgendwann gesagt, dass es nicht in Ordnung ist gewerkschaftliche
Leistungen in Anspruch zu nehmen, aber den eigenen Beitrag zu
verweigern und bin eingetreten. Auch weil die Gewerkschaft eine
Solidargemeinschaft von Menschen ist, die durch gemeinsames Handeln
etwas erreichen können.
Wie
sieht ihr Arbeitsalltag aus und wie viel Zeit müssen Sie
investieren?
Als
ehrenamtlicher Sprecher pflege ich Internetseiten, versende
Nachrichten über Facebook und Twitter und organisiere
Veranstaltungen wie auch Seminare. Dafür investiere ich im Schnitt zwei bis drei Stunden pro Woche. Es gibt allerdings auch besondere
Einsätze. Kommenden Samstag ist Journalistentag in
Berlin, bei dem ich als Festredner auftreten darf, was Vorbereitung und
eine lange Fahrt bedeutet. Somit muss ich teilweise auch deutlich
mehrZeit aufwenden.
Was
war bisher das Spannendste bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit?
Das
Aufregendste war vergangenes Jahr der Streik der Journalisten und
Drucker. Die ganze Organisation in Nürnberg lag bei mir und es war spannend
Kundgebungen zu organisieren, eine Rede vor der Lorenzkirche zu
halten oder auch die Kollegen dazu zu bringen sich mit Transparenten
vor das Tor zu stellen. Es war eine außergewöhnlich anstrengende,
aber auch eine schöne Erfahrung.
Wir
hatten zum Beispiel eine Kundgebung, als schon fast alles entschieden
war. Da hab ich gelesen, dass die Kantine im Pressehaus Nürnberg an diesem Tag Currywurst
mit Pommes im Angebot hatte und mir war klar, dass die Kollegen
deshalb nicht kommen würden. Daraufhin habe ich aus dem Streikfond
60 Portionen Currywurst gekauft. Was die Kollegen am Ende nicht
gegessen haben, haben wir den Armen dieser Stadt geschenkt.
Das
Wesentliche sind Tarifverhandlungen, bei denen es nicht nur um den
Lohn, sondern auch um bezahlte Urlaubstage, Weihnachtsgeld,
Arbeitsbedingungen allgemein geht und wie zum Beispiel ein Volontariat
verlaufen soll. Wichtig ist der Austausch untereinander, wozu auch unsere Bildungsarbeit und die Information über aktuelle
Entwicklungen gehören. Die grundsätzliche Aussage über das
Wesen der Gewerkschaftsarbeit stammt noch von Karl Marx: Festlegen
von Mindeststandards, was der Wert einer Arbeit ist und was ein
Arbeitnehmer für eine bestimmte Arbeit verlangen kann.
Was
würden sie uns als Erstsemester für Tipps geben?
Was
immer dazu gehört, ist Marktbeobachtung. Im Journalismus ist es
wichtig sich Gedanken zu machen, wo es potentielle Arbeitgeber gibt,
welches Wissen und welches Können eigentlich gebraucht wird und auch
zu versuchen in Firmen reinzuschnuppern. Die Medienbranche ist eine
Beziehungsbranche. Das bedeutet: Wenn man von jemandem gekannt wird,
kann der einem auch helfen. Über das Internet kann man heutzutage
sehr gut solche Netzwerke aufbauen oder über einen Blog Menschen
ansprechen.
Boulevardjournalismus: Ist das für Sie überhaupt Journalismus?
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Klaus Schrage, Journalist und Sprecher der dju Mittelfranken |
Es
gibt ein bestimmtes Publikum, das nicht ein bis zwei Stunden
bestimmte Informationen lesen will, sondern eher in 20 Minuten nur
das, was es interessiert. An diese Leser richtet sich der
Boulevardjournalismus. Wenn er gut gemacht ist und auch die
ethischen Grundlagen befolgt, ist das in Ordnung.
Wie
stellen Sie sich die Zukunft der DJU vor und was wünschen Sie sich?
Man
kann sich nur wünschen, dass sie weiter wächst. Wir werden nicht
staatlich subventioniert, sondern finanzieren uns ausschließlich aus
den Mitgliedsbeiträgen. Wir haben einen Apparat aus
Festangestellten, Juristen und einer Pressestelle. Dies alles kostet
Geld, das nur von den Mitgliedern kommen kann. Das heißt, die Lage
ist sehr eng und wenn es die Gewerkschaften nicht mehr gibt, ist
jeder auf sich gestellt.
Herr Schrage, wir danken Ihnen für das Interview
Gar kein Problem!
Herr Schrage, wir danken Ihnen für das Interview
Gar kein Problem!
Das Interview führten Tobias Freund und Sebastian Kamper
Die Deutsche
Journalistinnen und Journalisten-Union in ver.di
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